Gruhnoer Pappeln

Was macht einen Ort aus, was prägt ihn, was verbindet die Bewohner mit ihm? Nun, sowohl seine Lage, ob er bspw. auf einem Berg liegt oder im Flachland, die Form der Ortsanlage selbst, seine Geschichte und historische Gebäude ebenso wie die ihn umgebende und in ihm vorhandene Natur, vor allem Wasserläufe, Teiche, Freiflächen und Bäume. Letztere besonders wenn sie über Jahrzehnte gewachsen sind und zum Ortsbild gehören, so wie es mit den Pappeln in der Gruhnoer Ortsmitte war. Die Kronen dieser ca. 70 Jahre alten Bäume ragten zusammen mit dem Kirchturm weithin sichtbar wie ein Wahrzeichen über das Dorf.



Obwohl die Schwarzpappel, die auch als gemeine oder deutsche Pappel bezeichnet wird, zum Naturerbe gehört, wird ihr mit Mißachtung begegnet, so daß sie mittlerweile auf der Roten Liste für gefährdete Pflanzen steht. Begründet wird diese Mißachtung damit, daß die Pappel von Natur aus brüchig sei und gelegentlich zu Grünholzbruch neigen soll. Allerdings kommt dieser ebenso bei Kastanien, Buchen, Ahorn und sogar Eichen vor und erfordert keinesfalls, unauffällige, gesunde und große Bäume der genannten Arten zu beseitigen. So stellte bspw. das OLG Koblenz in einem Verfahren zu Schwarzpappeln fest: „Gelegentlicher natürlicher Astbruch, für den vorher keine besonderen Anzeichen bestünden, gehöre zu den naturgegebenen Lebensrisiken, für die der Verkehrssicherungspflichtige nicht einzustehen brauche und die hinzunehmen seien. Die Wahrscheinlichkeit, durch den Abbruch gesunder Baumäste einen Schaden zu erleiden, sei wesentlich geringer als die Gefahr, durch andere erlaubte Risiken zu Schaden zu kommen (beispielsweise den Kraftfahrzeugverkehr). Zudem müsse die Zivilisation darauf bedacht sein, möglichst viele große gesunde Bäume zu erhalten. Diese seien für Klima und Wasserhaushalt unersetzlich und auch gemäß Art. 20a des Grundgesetzes zu schützen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag insbesondere zur Gestaltung des Ortsbildes (§ 1 Abs. 1 Buchst. b) BS) und zur Erhaltung oder Verbesserung des Klimas (§ 1 Abs. 1 Buchst. e) BS).“

Dessen ungeachtet ist die Schwarzpappel in Deutschland gefährdet und teilweise vom Aussterben bedroht. Die Gefährdung in der Übersicht:„Deutschland (gesamt): Stufe 3 (gefährdet), Baden-Württemberg: Stufe 2 (stark gefährdet), Bayern: Stufe 3 (gefährdet), Berlin: Neophyt, Brandenburg: Stufe 1 (vom Aussterben bedroht), Hamburg: Stufe 1 (vom Aussterben bedroht), Hessen: Stufe 2 (stark gefährdet), Mecklenburg-Vorpommern: nicht gefährdet, Niedersachsen: Stufe 3 (gefährdet), Nordrhein-Westfalen: Stufe 2 (stark gefährdet), Rheinland-Pfalz: Stufe 3 (gefährdet), Sachsen: Stufe 1 (vom Aussterben bedroht), Sachsen-Anhalt: Stufe 1 (vom Aussterben bedroht), Thüringen: Stufe 1 (vom Aussterben bedroht)“ Quelle: Flora-de

Der Leiter der Landesforstverwaltung im NRW-Umweltministerium, Hubert Kaiser, plädiert darum dafür, „der Pappel die gleiche Chance zu geben wie jeder anderen Baumart“. Er weist auf ihren ökologischen Wert hin und daß es notwendig sei, daß für die Pappel eine neue Wertschätzung geschaffen werde. Link

Schwarzpappeln können 200 Jahre und älter werden. Die Gruhnoer Pappeln waren noch nicht mal 100 Jahre alt und kerngesund. Sie zu fällen war Willkür. Kultur und Natur gehören zusammen und ergeben Heimat, jeder Teil davon, auch jeder Baum. Zur gleichen Zeit, als die Pappeln im November 2014 gefällt wurden, erhielt das Gemeindehaus ein neues Dach und eine neue Fassade. So erneuert würde es vor dem Hintergrund der früheren Pappeln ein ansprechendes Bild abgeben, doch nun wirkt es wie ein Klotz auf einer kahlen Fläche.


Jeder Ast eines Baumes kennt eine Geschichte – ein alter Baum ist Geschichte.
Klaus Ender (*1939)

Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt.
Khalil Gibran (1883 - 1931)













Hamadryade

Des Baumes mächtige Krone ragt zum Himmel empor,
aus üppigem Laubwerk dringt frohes Lachen hervor.

Herbststürme, die in den Zweigen rauschen,
halten inne, um fremdem Klang zu lauschen.

Der Rauhreif, in den der Frost die Äste gehüllt,
wird von leisem Summen erfüllt.

Der Frühling lockt, das zarte Grün zu betören,
und fröhliches Singen ist wieder zu hören.

Tief schlug das Eisen in den Stamm; der Baum lag gefällt.
Ein zitternder Aufschrei, der weithin gellt.